Keine Mehrheit für die Befürworter. - Fotos: W. Götz
Landshut gw – (24.09.2019) Das Ringen um eine Fahrradstraße entlang der Achse Innenstadt – Hauptbahnhof über die Nikola- und Papierestraße ging im vergangen Stadtratsplenum erfolglos zu Ende. CSU, Freie Wähler, BfL und die Junge Liste setzen sich durch und verhinderten die Velotrasse. Gegner und Befürworter lieferten sich eine interessante, fast schon ideologische Debatte.
Schon im Verkehrssenat am 5. Juli dieses Jahres setzte sich die „Autofahrerfraktion“ im Landshuter Stadtrat mit durch. Mit 5:5 Stimmen wurde eine Fahrradstraße durch de Papierer- und Nikolastraße knapp abgelehnt. Damit wollten sich wollten sich die Grünen, die Landshuter Mitte und die FDP nicht zufrieden geben und brachten per Nachprüfungsantrag das Vorhaben im Plenum erneut zu Abstimmung.
Seitens der Stadtverwaltung wurde die Angelegenheit als positiv erachtet. Fahrradstraßen sollen eine Bündelung des Radverkehr begünstigen. Doch derzeit haben die Autos in dem Straßenzug mit 2.800 bis 5.000 Fahrzeugen gegenüber 1.500 bis 2.000 Radfahrern die Mehrheit. Mit einer Fahrradstraße kann aber der Effekt erreicht werden, dass der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart wird.
Da in diesem Bereich Schulen, das Arbeitsamt, ein Hotel und zahlreiche Wohnungen liegen, schlug das Tiefbaumamt vor, das Zusatzschild „Anlieger frei“ anzubringen. In einer Fahrradstraße bekommen Radler besondere Rechte. Sie dürfen von Autos nicht überholt werden, was durch die geringe Fahrbahnbreite und die parkenden Autos schon jetzt nur bedingt möglich ist.
Die Polizei wollte in ihrer Stellungnahme die Ausweisung zur Fahrradstraße nicht empfehlen. „Die Nikola- und Papierstraße haben keine unerhebliche Bedeutung für den Fahrverkehr. Die Regierung von Niederbayern sah demgegenüber keine Bedenken für eine Ausweisung. Sie beurteilt das Ziel hier den Radverkehr zur vorherrschenden Verkehrsart zu machen sogar als „sehr ambitioniert“ an.
Mit einer Fahrradstraße würde hier eine verkehrslenkende Situation entstehen, argumentiere Prof. Dr. Frank Palme (Grüne) pro Fahrradstraße Die Räder in der Papierstraße, die Autos auf der Luitpoldstraße. So käme es zu weniger gefährlichen Überholmanövern, sieht er einen Schritt für mehr Sicherheit. Zusätzlich würde nach 20 Jahre des städtischen Radverkehrskonzept eine weitere Hauptstadtteilroute entstehen. Auch Robert Gewies (SPD) war dafür: „Man sollte das hier auf alle Fälle einmal versuchen“.
Mitinitiator des Nachprüfungsantrags: Prof. Dr. Frank Palme
„Wir sind hier im Straßenverkehrsrecht und die Voraussetzungen sind nicht gegeben“, argumentierte Willi Hess (CSU) dagegen. „Dann müsste sich der Radverkehr mindestens verdoppeln.“ Hess weiter: „Wir reden hier über etwas, wo es aus verkehrsrechtlicher Sicht nichts zu regeln gibt und wir würden dafür sorgen, dass hier der Verkehr behindert wird.“
Dr. Thomas Haslinger (CSU) sieht in diesem Bereich keine Sicherheitsprobleme und laut seiner Interpretation wird es nicht eintreten, dass Fahrräder hier die vorherrschende Verkehrsart werden, zudem die Luidpoldstraße für Radler sehr gut ausgebaut ist. Er nannte es „eine ideologische Verblendung“ und richtete eine ganz klare Forderung an die Grünen: Wenn sie für weitere Umgehungsstraßen um die Stadt sind, „dann sind wir auch für Fahrradstraßen.“
Wir haben hier Schulen und Behörden, darum wird der Autoverkehr vorrangig sein, war auch Jutta Widmanns (FW) Meinung und stellte in Frage, dass sich der Radverkehr hier um 20 Prozent erhöhen würde. Hauptamtsleiter Harald Hohn entgegnete darauf: „Wir wollen den bestehenden Radverkehr bündeln“ und in der Luidpoldstraße ist es am schlechteste. Und er gab zu bedenken: „Es ist eine politische Entscheidung, ob sie das wollen oder nicht.“
Oberbürgermeister Alexander Putz versuchte es – er sah bereits die Kontroverse zwischen den beiden Lagern im Stadtrat – mit einem Kompromissvorschlag, nämlich eine Fahrradstraße in der Papierer- und Nikolastraße für ein Jahr probeweise zu versuchen.
Bei vielen Leuten im Stadtrat gibt es das Bild, dass Fahrradfahrer den Autoverkehr behindern, analysierte Sigi Hagl (Grüne) die Situation und plädierte, auch den Weg der Förderung für den Fahrradverkehr zu sehen. Lothar Reichwein (CSU) hingegen bat die Veraltung sich auch Gedanken für mehr Fahrradsicherheit in der Luidpoldstraße zu machen und empfahl, dass der Stadtrat nicht gegen die Stellungnahme der Polizei stimmen solle.
Ob man die Radfahrer in der Luidpoldstraße gezählt hat, wollte Gerd Steinberger (SPD) wissen. Für den Fall einer Papierer-Nikolafahrradstraße wünschte er schon mal allen „viel Vergnügen, wenn man dann 500 Meter hinter einem Fahrradfahrer herfahren muss.“ Seine Parteikollegin Anja König glaubt jedenfalls nicht, dass dadurch Autos bzw. Fahrräder von der Luidpold- auf die Papierstraße und umgekehrt ausweichen.
Kein Spaß hinter Radfahrern nachzuckeln zu müssen: Gerd Steinberger
Für Dr. Thomas Keyßner (Grüne) stand jedenfalls fest, dass man bei einem solchen Ansinnen „einen langen Atem“ braucht. Seit 1999 wird über das Radwegekonzept diskutiert und „die Philosophie des Radkonzepts wird hier immer noch angezweifelt, obwohl das Auto hier keinen Quadratmeter abgeben muss.“
Maria Hauke (SPD) outete sich: „Ich bin keine ideologische Radfahrerin sondern weil es praktischer und oft auch schneller ist. Aber wir müssen es sicherer Machen.“ „Mir kommt es so vor, als ob die Kommunalpolitik der Kindergarten der Politik ist“, verwunderte sich Tilman von Kuepach (LM). Er erinnerte an die Klimademo, die fast gleichzeitig zum Plenum vor dem Rathaus stattfand. Daher sollte man das „Fahrrad als klimafreundlich für die Straßen beliebter machen.“
Ob das Fahrrad automatisch besser sei, wollte Dr. Thomas Haslinger nicht so stehen lassen. „Zuerst muss ich den Individualverkehr aus der Stadt bringen und dazu benötigt es zwei neue Brücken über die Isar“. Für Prof. Dr. Frank Palme stellt eine Fahrradstraße jedenfalls kein „Larifari“ dar, „sondern ein wichtiges Instrument zum Klimaschutz und zur Verkehrslenkung“ Daher muss sich die CSU endlich entscheiden, was sie will.“ Hans Peter Summer (LM) sieht sogar den Vorteil, dass eine Papierer-Nikolafahrradstraße auch Radverkehr aus der Stathaimerstraße aufnehmen kann.
Zum Ende der Debatte appellierte Oberbürgermeister Alexander Putz nochmals an alle Sitzungsteilnehmer, sich einer Probephase anzuschließen. „Wir müssen versuchen die Leute aufs Fahrrad zu bringen.“ Doch sein Appell verhalte: Die Fahrradstraße durch die Papierer- und Nikolastraße wurde mit der Mehrheit von CSU, Freien Wählern, Bürger für Landshut, Junger Liste, BayernPartei, Margit Napf (parteilos) und Teilen der SPD abgelehnt.