Von einem Verkauf des Ottonianums erwartet sich die Kämmerei mindestens 2,5 Millionen €uro. - Fotos: W. Götz
Landshut – gw (27.07.2022) „Ohne Jugendherberge geht die Welt nicht unter“, befand Oberbürgermeister Alexander Putz im vergangenen Freitag im Plenum des Stadtrats. So wird aber die Landshuter Jugendherberge im Ottonianum spätestens zum Jahresende untergehen. Das entschieden die Stadträte mit 24:17 Stimmen und folgten der Empfehlung der Verwaltung. Dass die Verwaltung die Jugendherberge als städtische Einrichtung los haben will, um das Gebäude in exponierter Lage verkaufen will, war seit Jahren kein Geheimnis.
Die neunseitige Sitzungsvorlage liest sich wie das „who ist who“ der Gegenargumente. Dass für das Ottonianum dringende Sanierungsarbeiten und Investitionen anstehen, war dem Rathaus schon länger als zehn Jahre bekannt. Unternommen wurde aber nichts. So werden nun diese Kosten angeführt, die Jugendherberge zu schließen.
Für den Brandschutz müssten laut einer Studie aus dem Jahr 2018 2,3 bis 3,5 Mio. €uro veranschlagt werden. Ein (Total-)Ausfall der Heizung kann lt. Amt für Gebäudewirtschaft zu zusätzlichen Kosten bis zu 160.000 €uro führen. Der Aufwand für den Bereich Küche/Verpflegung/Speisenausgabe beläuft sich insgesamt auf rund 250.000 €uro plus jährliche 86.000 €uro für Personal, um die Qualitätsstandards des Deutschen Jugendherbergwerks zu erfüllen.
Ein weiterer Punkt für die Verwaltung sich aus der Jugendherberge zu verabschieden, liegt im jährlichen Zuschussbedarf. In den Jahren 2011 bis 2019 lag dieser im Schnitt bei 142.865 €uro. In den Coronajahren 2020 und 2021 musste die Stadt 407.757 €uro bzw. 286.497 €uro zuschießen. Die Kämmerei errechnet für die letzten zehn Jahre ein Gesamtdefizit von 1.980.050 €uro. Zum Vergleich: Dieser Betrag wird vom Stadttheater jährlich übertroffen.
Oberbürgermeister Alexander Putz
Um bei den Worten von OB Putz zu bleiben: „Ohne Jugendherberge geht die Welt nicht unter“, führte das Stadtoberhaupt an, dass Städte wie Fürth, Erlangen, Rosenheim, Weiden, Amberg, Straubing, Kaufbeuren und noch einige mehr, auch keine Jugendherberge mehr haben. In diese Aufzählung reiht sich nun auch Landshut mit ein.
Insgesamt versteht OB Alexander Putz die öffentliche Diskussion zur Schließung des Hauses und nennt es „keine leichte Entscheidung“ und argumentiert mit der Energiekrise weiter. Das Ottonianum wird mit Gasgebläsebrenner beheizt. Der Preis für die benötigten 19.000 bis 22.000 m³ wird sich wohl verdreifachen, fügt Baudirektor Johannes Doll an.
Die Zukunft der Jugendherberge stellt sich Putz folgendermaßen vor: Nun geht es darum einen Käufer für das Ottonianum zu suchen, der möglichst viel Geld zahlt und jemanden zu finden, der auf einem anderen Grundstück eine neue Jugendherberge baut. Für eine Generalsanierung habe die Stadt derzeit auch keine Mittel. Derzeit werden zwei neue Grundschulen und eine Realschule gebaut. Auf der mit dem Stadtrat abgestimmten Prioritätenliste folgen dann die Grundschule Peter und Paul sowie das Stadttheater.
Als Alternative zur Jugendherberge empfiehlt die Verwaltung Kooperationsvereinbarungen mit Beherbergungsbetrieben im Niedrigpreis-Segment. Hierbei müssen die Kunden mit höheren Kosten für Übernachtung und Verpflegung in Höhe von 10 bis 40 Prozent im Vergleich zu Jugendherbergs-Konditionen rechnen.
Tobias Weger-Behl (Grüne)
Tobias Weger-Behl (Grüne) eröffnete die Debatte zur Schließung der Herberge. Für ihn sind Schulklassen die Gäste von morgen. Insgesamt sieht er keinen Willen der Verwaltung die Jugendherberge an einem Standort mit besten Marktchancen zu unterstützen und empfahl wie in Nürnberg Investoren zu suchen. Aber, so Weger-Behl, sei eindeutig zu erkennen, dass die Verwaltung das nicht will, „die Jugendherberge soll den Bach runtergehen. Es tut mir in der Seele weh, wie hier argumentiert wird“. So sprach er den Wunsch aus, die Restlaufzeit bis März 2024 zu nutzen und erinnerte OB Putz an seine Wahlkampfworte: „Tourismus ist Chefsache“.
„Ich sehe die Zukunft nicht an diesem Standort“, erwiderte OB Putz und erinnerte an die zehn bis 15 Mio. €uro, die für einen Weiterbetrieb ins Ottonianum investiert werden müssten. Für die Sanierungsarbeiten müssen zwei bis drei Jahre geplant werden. Alles in allem sind auch die Raumzuschnitte im Ottonianum nicht mehr zeitgemäß.
Gerd Steinberger (SPD)
Unterlassener Bauunterhalt hat zu dem jetzigen Zustand des Ottonianum geführt, war Gerd Steinberger (SPD) der Verwaltung und dem Oberbürgermeister vor und das trotz gestiegener Gewerbesteuereinnahmen. Seiner Meinung nach leuchten jetzt schon die „Dollars“ die der Verkauf der Immobilie einbringen sollen. OB Putz konterte: Sie hätten jeden zusätzlichen €uro aus der Gewerbesteuer schon zehn Mal ausgegeben. „Das wäre so, sich als über Kopf zu verschulden und zum Ausgleich Lotto zu spielen.“
Norbert Hoffmann (FDP)
„Ich habe erhebliche Zweifel am Interesse die Jugendherberge zu erhalten“, klinkte sich Norbert Hoffmann (FDP) in die Aussprache ein. „Ich hänge zwar nicht am Ottonianum aber an der Jugendherberge. Keiner kann mir erzählen, wenn die Jugendherberge geschlossen wird, sich eine andere Lösung findet. Der Verlust der Jugendherberge ist essentiell für Landshut“. Auch seiner Meinung nach soll der Betrieb bis 2024 fortgesetzt werden.
Anja König (SPD)
Anja König (SPD) rechnete vor, dass der Zuschuss ins Ottonianum gerade mal 0,08 Prozent des Gesamthaushalt ausmacht und das bei Haushaltsüberschüssen von mehreren Millionen €uro. „Aber trotz Überschüsse wird nichts für das Ottonianum bereitgestellt“.
Stefan Gruber (Grüne)
Zu den Konservativen im Stadtrat gerichtet, meinte Stefan Gruber (Grüne): „Haben sie kein Interesse an der Jugendherberge, interessiert es sie nicht, dass Landshut keine Jugendherberge mehr hat? Denn die Debatte wird nur von Befürwortern einer solchen Einrichtung geführt. Geben sie zu, dass sie das Ottonianum aus Seniorenresidenz für Vermögende versprochen haben.“ Für Gruber stellt die Herberge einen wichtigen Punkt für den Landshuter Tourismus dar. Wegen der Finanzierung könne man beispielsweise mit BMW-Stiftungen reden oder Crowdfunding-Konzepte finden.
Rudolf Schnur (CSU)
So meldete sich Rudolf Schnur (CSU) zu Wort: „Glauben sie nicht, dass es sich unsere Fraktion leicht macht, aber wir müssen eine Entscheidung treffen, die wir schon lange vor uns herschieben. Zu Grünen und SPD gerichtet sagte Schnur: Wir haben die Fakten der Verwaltung, aber sie ignorieren sie. Sie lehnen den Haushalt ab und fordern Luftschlösser, aber das klappt so nicht. Darauf antwortete Christoph Rabl (Grüne): „Sie sagen immer Kinder und Jugendliche sind das wichtigste, das höre ich hier nicht heraus."
Robert Mader (Freie Wähler)
Dass die Wehrpflicht und damit auch der Zivildienst abgeschafft wurden, stellt für Robert Mader (FW) die Ursache des Übels dar, denn dadurch gibt es keine Zivis mehr. Dadurch kam die Jugendherberge in die roten Zahlen. Auch seien die Räume im Ottonianum für heutige Verhältnisse sehr altmodisch. Wenn wir die Realität sehen, brauchen wir eine neue, moderne Jugendherberge. Wenn wir jetzt bis 2024 weitermachen, wird das Defizit auch nicht kleiner. „Die jetzige Jugendherberge hat keine Zukunft mehr“, so Mader.
„Jeder will das beste für Landshut, aber wir müssen erst unsere Pflichtaufgaben erfüllen“, argumentierte Bürgermeister Dr. Thomas Haslinger (CSU) und verwies auf den Bau von Kitas, Kindergärten sowie den Bau der drei neuen Schulen. Kurzum ist für ihn der Verschlag der Verwaltung das einzig richtige.
Zum Abschluss der Rednerliste merke Patricia Steinberger (SPD) an, „gutes Wirtschaften bedeutet nicht, das Tafelsilber zu verkaufen, sonst haben wir irgendwann nichts mehr.“
Wie zu erwarten stimmten die Stadträte von CSU, BfL, der Landshuter Mitte, Jungen Liste, den Jungen Wählern, der AfD zusammen mit Jürgen Wachter von der FDP dafür, die Jugendherberge im Ottonianum spätestens bis Ende des Jahres zu schließen. Dagegen waren die Vertreter der Grünen, der SPD und ÖDP sowie die FDP-Stadträte Kirstin Sauter und Norbert Hoffmann.